Interview: B2B E-Mail-Marketing: Darum lohnt es sich mehr denn je
Inhalt:
Personal Branding, Social Media Trends, KI-Messenger, Influencer Marketing - im Vergleich wirkt E-Mail-Marketing wie eine veraltete Marketingstrategie. Dabei ist E-Mail-Marketing nach wie vor einer der stärksten Kanäle im Marketing-Mix.
Kein Wunder, wenn man sich die Statistiken zu den Nutzungsdaten anschaut. Jedes Jahr werden weltweit mehr E-Mails versendet. In den nächsten Jahren werden wir die Marke von 400 Milliarden E-Mails pro Tag erreichen.
E-Mail wird nicht nur von Unternehmen aller Größen genutzt, sondern auch von Menschen aller Altersgruppen. Vom Teenager bis zur älteren Generation ist die E-Mail nach wie vor ein vertrautes und beliebtes Kommunikationsmittel.
Richtig eingesetzt, lohnt sich E-Mail-Marketing mehr denn je. Wir haben mit Philipp Zöld (E-Mail-Marketing- und Zustellbarkeit-Berater) darüber gesprochen, wie Marketer heute E-Mail-Marketing erfolgreich umsetzen. Im Interview gehen wir auf folgende Fragen ein:
- Warum jedes Unternehmen in E-Mail-Marketing investieren sollte
- Die häufigsten Fehler und wie man sie vermeidet
- B2B vs. B2C Newsletter
- Wie Marketer heute mit E-Mail-Marketing erfolgreich sind
- Welchen Einfluss KI auf das E-Mail-Marketing hat
Aber haben die Menschen nicht genug von Marketing-E-Mails?
Bevor wir auf die Möglichkeiten eingehen, die E-Mail-Marketing Unternehmen bietet, wollen wir uns mit dem größten Einwand gegen E-Mail-Marketing befassen: Postfächer, die mit Marketing-Mails überflutet sind. Sollen sich Unternehmen wirklich die Mühe machen und E-Mail-Marketing betreiben, wenn die Mails beim Empfänger sowieso im Papierkorb landen?
Philipp meint, “So eine leichte Sättigung sieht man heutzutage. Wenn sich Unternehmen oder Privatpersonen in viele Listen eingetragen haben, dann melden sie sich auch schnell wieder ab. Vor allem, wenn man merkt: ‘Ich habe jetzt 50 Newsletter abonniert und irgendwie schreiben alle das Gleiche.’”
Deshalb müssen die Erwartungen schon vor der Anmeldung zum Newsletter klar kommuniziert werden. Zum Beispiel, welche Inhalte der Leser erwarten kann und in welcher Frequenz er die Mails erhält. Außerdem sollten die Mails hochwertige und exklusive Inhalte enthalten, um sich von der Masse abzuheben:
„Es muss deutlich werden, dass die Mailings nicht nur 0815-Bla-Bla sind, sondern wirklich wichtige Informationen enthalten.“
„Außerdem ist es wichtig, dem Leser zu vermitteln, dass er elitären Content erhält. Man muss ihm klarmachen: ‘Hier bekommst du die Informationen, die du sonst nicht über Social Media oder die Website bekommst.’“
E-Mail-Marketing – das Rückgrat jeder Marketingstrategie
Philipp erläutert, wie E-Mail-Marketing Marketern die Möglichkeit bietet, ihr Marketing nachhaltig auszubauen und damit unabhängiger von Drittplattformen wie Social Media zu werden.
Hier sieht Philipp einen großen Unterschied zwischen E-Mail-Marketing und Social Media, „Du bist Herr deiner eigenen Daten.“
„Bei Social Media Kanälen sehe ich die Gefahr, dass plötzlich der Anbieter mal wieder seinen Algorithmus ändert oder die Plattform, aus welchen Gründen auch immer, den Geist aufgibt. Dann sind plötzlich alle Kontakte, Gruppen oder ganze Kampagnen weg.“
Beim E-Mail-Marketing haben Marketer Einfluss darauf, welche E-Mails sie wann an welche Personen versenden. Die Daten werden nicht von Drittanbietern kontrolliert, sondern die Unternehmen haben sie selbst in der Hand. Sie können ihre Listen selbst segmentieren, wissen genau, welche Kontakte angeschrieben werden und können Mailinglisten erweitern.
Philipp sagt: „Du kannst selbst dafür sorgen, dass viele gültige Adressen auf deine Liste kommen. Du kannst aktiv dafür sorgen, dass deine Interessenten über deine Webseite auf deine Newsletter-Seite kommen. Auch Interessenten, die deine Produkte letztendlich kaufen wollen.“
Wenn dann noch die Zustellrate stimmt, haben Marketer die Möglichkeit, ihre Empfänger mit jeder E-Mail zu erreichen. Diese Kontrolle ist bei anderen Marketingplattformen nur möglich, wenn die Unternehmen Budget in Werbeanzeigen investieren, um die Targetingmöglichkeiten der Plattformen zu nutzen. Dann ist eine gezielte Auslieferung von Inhalten an die gewünschte Zielgruppe möglich.
Philipp betont: „E-Mail-Marketing ist nach wie vor einer der kostengünstigsten Kanäle. Der ROI von E-Mail-Marketing liegt bei 1:40. Wenn du also einen Euro in die Hand nimmst, bekommst du bis zu 40 Dollar (38 Euro) zurück.“
„Diese Zahl hört man überall, aber man muss auch daran arbeiten. Man muss sein E-Mail-Marketing so gut aufstellen, dass man irgendwann die 1 zu 40 erreicht. Das geht nicht von heute auf morgen. Deshalb ist E-Mail-Marketing eine langfristige Arbeit, die sich aber am Ende auszahlt.“
Die häufigsten Fehler im E-Mail-Marketing
Damit E-Mails nicht ungelesen im Papierkorb landen, ist E-Mail-Marketing ein Thema, das Arbeit und Know-how erfordert. Um heute erfolgreich zu sein, müssen Marketer ihre Mailings auswerten, Formate testen, interessante Inhalte bieten und immer wieder evaluieren, was funktioniert und was nicht.
“Es reicht nicht nur ein geiles Freebie zu schicken, sondern man muss mit jedem Newsletter signalisieren: ‘Hey, es war die richtige Entscheidung, dass du dich für meinen Newsletter angemeldet hast.’”
Ein häufiges Problem, das Philipp beobachtet, ist, dass oft nicht auf die Zustellbarkeit von E-Mails geachtet wird. Auch wird nicht analysiert, warum bestimmte Kampagnen nicht funktionieren.
„Es reicht nicht, eine große Masse an E-Mails zu versenden und dann keine Auswertung der Maßnahme durchzuführen.“
„Wenn die Öffnungs- und Klickraten schlecht sind, werden oft einfach noch mehr Mails verschickt. Damit versucht man, hintenrum doch noch mehr Öffnungen, Klicks oder Umsatz zu machen. Aber je mehr Mails man verschickt, desto größer ist die Gefahr, dass man Kunden oder Interessenten irgendwann auch nervt.“
Vielmehr sei es notwendig, tiefer in die Analyse der Ursachen zu gehen:
„Man muss sich die Arbeit machen und herausfinden, wo das Problem liegt. Warum ist meine Klickrate schlecht? Dabei sollte man chronologisch zurückgehen und auch schauen, ob meine E-Mails überhaupt beim Empfänger ankommen.“
Auch die Frage, wie oft E-Mails versendet werden, muss genauer betrachtet werden. Die eigene Zielgruppe zu kennen, ist dabei ein entscheidender Punkt.
Philipp erklärt: „Nicht jede Nische und nicht jede Zielgruppe ist gleich, deshalb ist es wichtig, zu testen. Wenn ich zum Beispiel mit zweimal die Woche anfange, ist das für meine Zielgruppe vielleicht schon zu viel.
Hier muss ich versuchen, auf das Verhalten zu schauen. Zum Beispiel haben mir die Empfänger gerade durch Abmeldungen signalisiert, dass es vielleicht zu viel ist oder die Inhalte nicht relevant sind. Hier muss man gerade am Anfang feinjustieren.”
Ein weiterer Fehler, den Philipp häufig im E-Mail-Marketing sieht, ist, dass die Mails mit Fakten und reinen Informationen vollgestopft werden:
„Was heute nicht mehr funktioniert, ist, die Leute mit Fachinformationen und Expertenwissen zuzuschütten. Der Posteingang ist kein Weiterbildungsort. Stattdessen wollen wir Geschichten lesen, wir wollen unterhalten werden.“
Wir sind es gewohnt, E-Mails direkt an Personen zu schreiben, an Kollegen, Geschäftskontakte oder Freunde. Auch wenn wir eine E-Mail von einem Unternehmen lesen, wollen wir dasselbe Gefühl des persönlichen Austauschs haben.
„Deshalb ist Edutainment so charmant. Man versucht mit seinen Inhalten zu unterhalten, aber ich gebe auch ein bisschen mein Wissen dazu.“
Mit E-Mail-Marketing Vertrauen und Reputation aufbauen
Unternehmen, die unterhaltsame Formate und eine menschliche Note in ihr E-Mail-Marketing integrieren, bauen Vertrauen zu ihren Lesern auf. So kann eine langfristige Kundenbindung entstehen, wenn dies kontinuierlich fortgesetzt wird.
Philipp erklärt: „Mit jeder E-Mail oder jedem guten Newsletter hast du die Chance, in den Köpfen deiner Zielgruppe zu bleiben. Mit jeder E-Mail kann man Vertrauen und Reputation aufbauen. Es gibt unzählige Beispiele, wo Abonnenten jahrelang mitlesen und dann irgendwann durch ein Mailing getriggert werden und kaufen.“
Deshalb ist E-Mail-Marketing auch ein Kanal, den Unternehmen über einen längeren Zeitraum bespielen müssen, um Vertrauen zu den Empfängern aufzubauen. Nur dann ist die Chance gegeben, dass jede einzelne E-Mail letztlich Vertrauen schafft und einen Kauf anstößt:
„Beim E-Mail-Marketing muss man sich immer bewusst sein, dass man nicht mit den ersten 10 E-Mails einen riesigen Umsatz macht, sondern wir kaufen heute aufgrund des Vertrauens in einen Anbieter.“
„Wenn dieses Vertrauen nicht da ist, kann man noch so viele E-Mails schreiben, sie werden einfach nicht geöffnet oder angeklickt.“
Philipp betont, dass es heute mehr denn je wichtig ist, sich durch E-Mail-Marketing von der Masse abzuheben. Wie bereits erwähnt, ist E-Mail-Marketing kein reiner Fakten- und Informationskanal. Unternehmen sollten Persönlichkeit zeigen und die Leser an den Entwicklungen des Unternehmens teilhaben lassen.
Um dies zu erreichen, können Unternehmen beispielsweise Mitarbeitende in ihren Newslettern vorstellen, Projekte teilen, die das Unternehmen unterstützt, zeigen, auf welchen Veranstaltungen Mitarbeitende sind und Eindrücke von dort teilen oder die Leser über weitere Entwicklungen im Unternehmen informieren.
Ein weiterer Tipp, den Philipp Marketern geben würde, ist, verschiedene Formate und Inhalte für E-Mails zu testen. „Nicht nur die Betreffzeile, sondern auch wirklich die Inhalte, die Struktur und auch die Positionen der Inhalte.“
Philipp gibt noch einen Tipp, wie man Social Media nutzen kann, um mehr Abonnenten für den Newsletter zu gewinnen:
„Wenn du schon gute Beiträge auf Social Media teilst, kannst du deinen Newsletter häppchenweise anteasern. 'Wenn dir dieser Beitrag gefallen hat, abonniere meinen Newsletter, da bekommst du regelmäßiger Inhalte in deinen Feed als hier bei LinkedIn oder Instagram!'“
Das Problem der meisten B2B-Newsletter
Gerade im B2B-Bereich gibt es nur wenige Beispiele für wirklich gutes E-Mail-Marketing. Philipp erklärt, woran das liegen könnte:
„Meine Wahrnehmung ist, dass je größer ein Unternehmen wird und je größer auch die E-Mail-Marketing-Abteilung wird, desto mehr geht der Fokus verloren, eine E-Mail oder einen Newsletter mit einem Thema und einem CTA zu versehen.“
"Wenn ich mir heute B2B-Newsletter anschaue, dann gibt es immer so lange Inhaltsverzeichnisse, in denen dann zehn Themen angeteasert werden.“
Diese Liste an Teaser-Texten wird nach dem Öffnen nur kurz überflogen, leitet den Leser immer wieder weg oder die Inhalte des Mailings sprechen den Empfänger per se nicht an.
„Eine Faustregel im E-Mail-Marketing lautet daher: Konzentriere dich in deinem Mailing auf ein Thema und einen CTA. Dann kannst du am besten nachvollziehen, was deine E-Mail-Empfänger wirklich lesen wollen.“
Durch Tests finden Marketer heraus, welche Themen und Formate bei der Zielgruppe funktionieren. Diese E-Mails können dann weiterentwickelt werden.
“Wiederhole dieses Mailing mit den Themen, die funktionieren. Die Mailings, die wirklich erfolgreich waren, kannst du dann anpassen und erneut versenden.”
Beispiel für gutes E-Mail-Marketing aus dem B2C
Gute Beispiele für E-Mail-Marketing sieht man oft bei B2C-Unternehmen, die gerade dabei sind, ihr Business zu skalieren und daran arbeiten, ihre Kunden langfristig zu binden.
Als Beispiel nennt Philipp das Unternehmen Duschbrocken.
Duschbrocken stellt Duschseifen für Körper und Haare auf natürlicher Basis her. Wie der Name erahnen lässt, sehen die Seifen tatsächlich aus wie aus Stein gemeißelt. Das Unternehmen legt großen Wert auf Umweltfreundlichkeit und verzichtet deshalb auf Plastikverpackungen.
Philipp erklärt, was das E-Mail-Marketing von Duschbrocken so erfolgreich macht:
“Duschbrocken ist mir als positives Beispiel in Erinnerung geblieben, weil sie einfach ihre Firmengeschichte erzählt haben. In verschiedenen Mailings haben sie gezeigt, wie sie klein angefangen haben. Damals noch in der Küche, wo sie alles selbst gemischt und verschickt haben, wie sie gewachsen sind, in das nächstgrößere Büro oder die Produktionshalle gewandert sind. So haben Sie es über die Jahre geschafft, mit jedem Mailing die Leser an der Unternehmensgeschichte teilhaben zu lassen.
Duschbrocken schreibt einen persönlichen Newsletter, in denen sowohl Produkte als auch Geschichten aus dem Unternehmen erzählt werden. Hier ein Ausschnitt:
Was sie im Bereich Engagement sehr gut machen, ist, dass sie ihre Abonnenten zum Beispiel an einer Umfrage teilnehmen lassen, wie das nächste Produkt heißen soll.
Jede Abteilung hat drei Vorschläge gemacht und dann hat man die Zielgruppe gefragt. Das waren ca. 6000 Abonnenten, die dann mit einem Klick an der Umfrage teilgenommen haben. Das Ergebnis dieser Umfrage und der neue Name wurde dann im nächsten Mailing vorgestellt.
So schaffen sie es durch gutes Storytelling die Leser zur Interaktion zu motivieren und letztendlich auch zum Kauf zu bewegen. Das ist für mich ein positives Beispiel, wie man heute gutes und intelligentes E-Mail-Marketing macht.”
KI vs. E-Mail
Die rasante Entwicklung von KI wirft immer wieder die Frage auf, ob bestimmte Bereiche durch künstliche Intelligenz ersetzt werden. Philipp sieht KI nicht als Bedrohung für das E-Mail-Marketing, sondern als Chance, besser zu werden.
“KI bietet uns als E-Mail-Marketer mehr Möglichkeiten als je zuvor. Ich denke, es ist hilfreich, wenn Marketer und Texter einfach die Möglichkeit haben, bessere und für die Leser relevantere E-Mails zu schreiben.
KI könnte ein Quantensprung sein, um die Zustellbarkeit von relevanten E-Mails zu verbessern. Dann schicke ich Frau Müller nicht einfach jeden Donnerstag um 17 Uhr eine E-Mail, sondern auf Basis dessen, was das E-Mail-Tool durch KI gelernt hat: Jeden Samstagabend 20:15 Uhr auf dem Sofa öffnet sie ihre E-Mails und kauft dann mit einer 50 % Wahrscheinlichkeit. Dann kann man mithilfe von KI die Versandzeitpunkte und Versandinhalte personalisieren und so E-Mail-Marketing-Kampagnen verbessern.”
Doch die neuen Technologien haben auch ihre Schattenseiten. Philipp sieht eine Gefahr durch Cyberkriminelle, die KI für ihre Zwecke missbrauchen.
“Durch KI wird es immer einfacher, Phishing-Mails zu schreiben, die so täuschend echt sind, dass man mit bloßem Auge und den bisher erlernten Methoden eine Phishing-Mail nicht mehr erkennen kann.”
Heute sind Phishing-Mails relativ leicht zu erkennen. Oft haben sie einen schlechten Inhalt, es fehlt die Anrede oder sogar die Grußformel. Mit KI werden diese Erkennungsmerkmale der Vergangenheit angehören.
“Ich glaube, die Mails werden so täuschend echt sein, dass noch mehr Phishing-Mails ins System kommen. Mit dem Einwand, dass vielleicht die KI-Hersteller die Richtlinien und die Ethik so festlegen, dass mit solchen Tools keine Phishing-Mails geschrieben werden können.”
Letztlich birgt jeder technische Fortschritt Chancen und Gefahren. Für Philipp überwiegen jedoch die positiven Möglichkeiten für das E-Mail-Marketing.
“Ich glaube eher, dass KI viel helfen kann. Deshalb sehe ich die Relevanz von E-Mail-Marketing in den nächsten Jahren durch KI steigen. Wenn man noch persönlicher werden kann und relevantere E-Mails verschickt, werden sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen E-Mail als noch wichtigeren Kanal sehen.”
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass E-Mail-Marketing Unternehmen eine direkte, personalisierte und kostengünstige Möglichkeit bietet, Kunden zu erreichen und die Beziehung zu ihnen zu stärken. Es ermöglicht eine gezielte Ansprache, bietet Raum für Inhalte, die Emotionen wecken und um Persönlichkeit zu zeigen. So können Marketer letztlich hohe Konversionsraten erzielen.
Wir bedanken uns vielmals bei Philipp Zöld für dieses Interview!